Die Sinus-Studie®: die Gesamtbevölkerung in Deutschland
Das langsame Denksystem des Menschen hat Wissenschaft erfunden! Zum Beispiel beschäftigt sich die Soziologie mit gesellschaftlichen Zusammenhängen und Mustern: Ein Denkmodell, um gesellschaftliche Muster aufzuzeigen, ordnet Menschen, die sich in Lebenslage und Lebensstil ähneln, in Gruppen – ohne zu bewerten! Diese Gruppen werden Milieus genannt. Die Sinus-Studie® bildet die Alltagswirklichkeit von Menschen in Form von Milieus ab.
Das Modell funktioniert so:
Ein Diagramm wird in zwei Teile geteilt, die vertikale (senkrechte) Achse zeigt die „Soziale Lage“, z. B. wirtschaftliche Situation, Bildung und Einkommen, die horizontale (waagerechte) Achse zeigt die „Grundorientierung“, z. B. die Werteorientierung, dazu gehören beispielsweise die Einstellung zu Arbeit, Familie, Freizeit, Medien, Geld und Konsum oder gesellschaftlichen Fragen.
Je weiter oben ein Milieu in der Grafik angesiedelt ist, desto ausgeprägter sind Bildung, Einkommen usw. Je weiter rechts ein Milieu in der Grafik positioniert ist, desto moderner sind die Wertorientierungen und Lebensstile. Überschneidungen zeigen die fließenden Übergänge zwischen Milieus. Das Sinus-Milieu-Modell für Deutschland besteht aus zehn Milieu-Gruppen.
Die Migranten-Milieu-Studie: Menschen mit internationaler Familiengeschichte
Es folgt der Vergleich der Milieus der Gesamtbevölkerung in Deutschland mit den Milieus der Menschen mit internationaler Familiengeschichte.
Unser schnelles Denken differenziert Menschen nämlich nicht – und sortiert sie, je nach Erfahrung und Wahrnehmung, in Schubladen, die die Realität verzerren: Wir beschränken uns unbewusst und vielleicht gutgemeint auf das, was wir auf die Schnelle sehen und bemerken. Meist sind es Äußerlichkeiten, wie Kleidung, Aussehen oder Sprache – etwas, das uns scheinbar von anderen Menschen unterscheidet. Vorschnelles Werten ist aber allzu oft rassistisch und hat fatale Folgen, weshalb wir genauer hinschauen sollten.
Nun kommt die Wissenschaft ins Spiel und fragt nach:
- Welche Milieus gibt es, wie sehen sie aus und wie groß sind sie wirklich?
- Existiert eine klar definierbare Gruppe von Menschen?
- Treffen die viel und oft zitierten Vorurteile zu?
Untersucht wurden die Lebenswelten von Menschen mit internationaler Familiengeschichte: ihr Alltag, ihre Werte, Lebensziele, Wünsche sowie ihre wirtschaftliche Situation – um daraus ein Milieu-Modell mit differenzierten Beschreibungen zu erstellen. Die Typisierung erfolgt anhand der „Sozialen Lage“ und der „Grundorientierung“ – und zeigt ebenfalls zehn Milieus.
Klingt wissenschaftlich und ist es auch.
Dafür nicht langweilig. Wirklich!
Was es bedeutet: Milieus sind prägender als die ethnische Herkunft
Auch Menschen mit internationaler Familiengeschichte sind keine homogene Gruppe, die stets und ausschließlich in einem Milieu lebt. Menschen können Teil von einem, zwei oder auch drei Milieus sein – das gilt für die Gesamtbevölkerung Deutschlands UND für Menschen mit internationaler Familiengeschichte.
Und es fällt auf: Die Milieus aller Menschen in Deutschland und die Milieus der hier lebenden Menschen mit internationaler Geschichte sind gleich vielfältig und haben ähnliche Wertevorstellungen. Zudem sind die Übergänge zwischen den Milieus fließend.
Die gleiche ethnische Herkunft bedeutet nicht die Zugehörigkeit zum gleichen Milieu: Von der Herkunftskultur kann nicht auf das Milieu geschlossen werden. Und von dem Milieu nicht auf die Herkunftskultur. Egal woher Menschen kommen, wir leben alle primär in Milieus – unabhängig von unserer ethnischen Herkunft, der unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern.
Stereotype und Schubladendenken – unser Gehirn macht mit!
Die Ursachen für Stereotype, Schubladendenken, Vorurteile und Rassismen finden wir dort, wo wir Muster und Informationen einordnen und verarbeiten – in unserem Gehirn: Das schnelle, energiesparende Denken ordnet und bewertet neue und alte Informationen gleich und stopft alles eilig in vorhandene Schubladen. Fehlen uns die Informationen, z. B. in Situationen, die wir noch nicht kennen, greifen wir auf Muster zurück, die wir kennen. Das können Glaubensvorstellungen, Meinungen, Vorurteile, Haltungen, Werte, Ideologie oder Normen sein, die uns geprägt haben. Unser Gehirn mag Schubladen.
Das machen wir auch mit Menschen: Wir sortieren Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Sprache, ihrer Kleidung usw. – nach allem, was wir auf den ersten Blick erhaschen und uns vermeintlich unterscheidet oder verbindet, in vorhandene Schubladen – und fragen nicht nach.
Vorsicht vor der eigenen Ignoranz
Wir stecken Menschen in Schubladen und sehen sie nicht als Individuum, sondern als Teil einer ganz bestimmten Gruppe mit typischen Eigenschaften. Verantwortlich ist unser schnelles Denken: Wir machen es unbewusst und meinen es vielleicht auch gut – dennoch sind wir vorschnell und eventuell rassistisch.
Erst wenn wir verstehen, wie unser Gehirn funktioniert, wie unbewusst voreingenommen wir sind, wie sich unsere Vorurteile und Meinungen bilden und genau das unser Miteinander, unsere Gesellschaft beeinflusst, können wir es besser machen! Deswegen ist das genaue Hinschauen enorm wichtig.
Und das alles wissen Sie nun, weil Sie jetzt Ihr langsames und genaues Denken aktiviert haben!
Gesellschaft ist das, was wir daraus machen!
Natürlich haben Sie eine fundierte Meinung, die auf klaren Fakten und wohlbedachten Gedanken beruht! Schön wär`s! Media-Meldungen, Social-Media-Posts und das eigene Umfeld suggerieren uns Probleme, wo (vielleicht) gar keine sind – und beeinflussen unser Denken entscheidend.